Goodbye, "Bildungsnation" Deutschland

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat entschieden, dass das bundesweite Verbot von Studiengebühren die Gesetzgebungsrechte der einzelnen Bundesländer verletzt und somit den Weg für Studiengebühren geebnet. (Siehe dazu Artikel in der Welt und dem Spiegel)

In Baden-Württemberg, Bayern und Hamburg haben die Landesregierungen den Gesetzesentwurf schon in der Schublade und es wird nur eine Frage der Zeit (der vermutlich sehr kurzen, denn nun hat man es ja hochoffiziell, dass man die Studenten melken darf) sein, bis jeder Student kräftig blechen darf.

Mir drängen sich bei diesem Thema (mal wieder) ein paar Fragen auf:

Was passiert mit dem Geld? 500 Euro pro Semester pro Student ist nicht gerade wenig. Werden damit die Haushaltslöcher gestopft und die Unis verwahrlosen weiterhin?

Was ist mit Studenten, die BAföG beziehen? Erhöht sich das automatisch um 500 Euro? BAföG-Bezieher haben es ja amtlich, dass sie die Knete nicht sonderlich dicke haben. Woher sollen sie die Studiengebühren nehmen?

Was wird aus den Studenten, die kein BAföG erhalten? Und damit meine ich jetzt nicht solche, die das Geld von Mama und/oder Papa wie Zucker in den Hintern geblasen bekommen und morgens mit dem Benz an der Uni vorfahren.

Nehmen wir mal den (vollkommen konstruierten und unwahrscheinlichen) Fall an, dass eine Familie zwei Kinder hat, die studieren. Das eine Kind ist (studienfachbedingt) ans andere Ende Deutschlands gezogen, das andere Kind hat glücklicherweise einen Studienplatz an einer Uni bekommen, die vom Wohnort aus in halbwegs erträglicher Zeit zu erreichen ist und wohnt daheim.

In der Familie verdienen zwar beide Elternteile, allerdings sind z.B. Belastungen durch die Finanzierung des Alterswohnsitzes (nein, nicht die Finca auf Mallorca, sondern eine durchschnittliche Eigentumswohnung oder ein Einfamilienhaus) vorhanden und werden bei der BAföG-Berechnung schlichtweg nicht berücksichtigt, was einen negativen BAföG-Bescheid zur Folge hat.

Beide Kinder zahlen also ab nächstem Semester 500 Euro Studiengebühren, das summiert sich dann auf eine zusätzliche jährliche Belastung von 2000 Euro. Woher nehmen, wenn nicht stehlen?

Ich zahle ab nächstem Semester in Berlin 250 Euro pro Semester. Noch ohne Studiengebühren. Das Ticket für den öffentlichen Nahverkehr verteuert sich in der nächsten Zeit pro Semester um 30%. Gleichzeitig kann ich leider nicht behaupten, dass mein Gehalt ebenfalls solche Entwicklungen mitmacht.

Glücklicherweise haben Unternehmen aus dem Kreditwesen die Marktlücke schon ausgemacht: Ein Student kann sich ja schon vor dem Einstieg in das Arbeitsleben mit mindestens 5.000 Euro (ausgehend von einer Studiendauer von 10 Semestern) verschulden, das ist ja alles halb so wild. Schließlich basiert ja auch die ganze amerikanische Wirtschaft nur auf Krediten und da geht das ja auch gut. Armes Deutschland.

Nachtrag: Bei Kristian lese ich gerade: “[…] ich finde das richtig gut. Dann aber auch mit Studenten als zahlende Kunden.” – Richtig. Der Student darf als Kunde auch etwas für sein Geld verlangen. Und da ist die deutsche Hochschullandschaft derzeit (zumindest aus meiner Sicht) noch meilenweit von entfernt (wenigstens gibt es einige wenige rühmliche Ausnahmen).

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